18. April 2020
| InfosperberDie Corona-Kosten mit einer temporären Mikrosteuer finanzieren
Wegen Corona laufen die Finanzen hüben und drüben aus dem Ruder. Eine sofortige Mikrosteuer soll Systemrisiken vermeiden.
Urs P. Gasche
Der Vorschlag stammt von den Initianten der Volksinitiative zur Einführung einer Mikrosteuer auf allen elektronischen Geldtransaktionen. Diese Mikrosteuer soll mittelfristig vor allem die heutige bürokratische und unsoziale Mehrwertsteuer vollständig ersetzen.
Vorschlag einer zeitlich begrenzten Corona-Mikrosteuer
Gegenwärtig beziehen zwangsweise geschlossene Unternehmen, unzählige Selbständige sowie andere vom Shutdown Betroffene Milliarden an Krediten und Hilfen. Anstatt diese Gelder zurückzuverlangen und für Verluste Schulden anzuhäufen soll man den ausserordentlichen Corona-Aufwand nach Ansicht der Mikrosteuer-Initianten mit einer zeitlich begrenzten Mikrosteuer finanzieren. Sie würde die Mehrwertsteuer nicht ersetzen, sondern würde nur auf den elektronischen Finanztransaktionen erhoben, die von der Mehrwertsteuer nicht erfasst sind. Es handelt sich insbesondere um viele Transaktionen zwischen Banken und anderen Finanzhäusern sowie Transaktionen im spekulativen Hochfrequenzhandel und bei den Hedge-Fonds.
«Ideale Gelegenheit für einen Testlauf»
Es wäre laut Initianten eine ausgezeichnete Gelegenheit, eine Mikrosteuer während weniger Monate zu testen. Eine solche leicht abgespeckte «Corona-Mikrosteuer» könnte die riesigen Löcher stopfen, welche die Corona-Epidemie in die Haushalte von Bund, Kantonen, Firmen und Selbständigen verursacht. Die vorgeschlagene zeitlich begrenzte Mikrosteuer könnte innerhalb von nur drei Monaten einen Ertrag von bis zu zwanzig Milliarden Franken bringen, schätzen die Initianten.
Der Zürcher Finanzprofessor Marc Chesney, Mitinitiant der Mikrosteuer-Initiative, analysiert die Lage wie folgt:
- «Die Zahl der Kurzarbeitenden, der Konkurse und der Arbeitslosen steigt, während die Finanzspekulation wie gewohnt und im grossen Stil weitergeht. Die Wetten auf die Insolvenz von Unternehmen und sogar von Ländern nehmen international zu. Enorme Summen werden eingesetzt und gigantische und schamlose Gewinne erzielt.»
Eine Mikrosteuer von beispielsweise mickrigen 0,1 Prozent auf jeder Transaktion dieser Finanzakteure (je 0,05 Prozent beim Zahlenden und beim Empfänger) würde die enormen Kosten der Krise besser verteilen. Die Coronakrise sei eine «ideale Gelegenheit, um die Mikrosteuer in der Praxis zu testen».
Deshalb schlagen die Initianten dem Bundesrat und dem Parlament zur Finanzierung der Corona-Krise vor, eine «zeitlich befristete» Mikrosteuer im Dringlichkeitsverfahren «testweise» zu beschliessen: «Auf diese Weise erhielten die von der Corona-Krise finanziell schwer Betroffenen von jenen Wirtschaftsakteuren eine massive Unterstützung, die in der aktuellen Krise immer noch in der Lage sind, gigantische Gewinne zu erwirtschaften.»
Systemrisiko der heutigen Finanzpolitik
Wegen Corona häufen sich Staaten und Unternehmen zusätzliche enorme Schulden an. Gleichzeitig ist in absehbarer Zeit mit weniger Steuereinnahmen zu rechnen. Es wird für die meisten Akteure fast unmöglich sein, die Schuldenberge langsam abzutragen. Und eine auch nur minime Erhöhung des allgemeinen Zinsniveaus hätte eine Kaskade von Insolvenzen zur Folge, weil die Zinsen auf dem Schuldenberg nicht mehr bezahlt werden könnten. Um eine Erhöhung der Zinsen auf jeden Fall zu vermeiden, überschwemmen die Notenbanken den Markt mit Geld – und nehmen ein erhebliches Systemrisiko in Kauf.