26. Januar 2019
| InfosperberNationalbank soll nicht mehr in fossile Energie investieren
Ein solcher Beitrag der SNB zu den Klimazielen wäre «ein grosses Signal für die ganze Welt», erklärte Finanzprofessor Marc Chesney.
Wenn die Menschheit von den schlimmsten Folgen einer selbst verursachten Klimaerwärmung verschont werden soll, müssten Investitionen in fossile Energieträger ab sofort tabu sein. Die Nationalbanken, Grossbanken und Versicherungskonzerne entscheiden wesentlich mit, wo die Investitions-Milliarden hin fliessen.
An einem im Dezember von der Klima-Allianz Schweiz organisierten Panel in Bern forderte Marc Chesney, Finanzprofessor an der Universität Zürich, die Schweizer Nationalbank auf, ihre Aktien aus den Bereichen Erdöl, Erdgas und Kohle abzustossen. Die Nationalbank könne dies ohne Gesetzesänderung tun. Weil sie aber weiterhin in fossile Energieträger investiere, müsse der Gesetzgeber dies verbieten: «Das wäre ein grosses Signal für die ganze Welt und für die Politik.»
Von den privaten Grossbanken hätten wir bis jetzt keine Anlagepolitik gesehen, welche die langfristigen Risiken einer zu starken Klimaerwärmung berücksichtigt. Sollte es mit ihren Investitionen schief gehen, so würden die Steuerzahler und die Gesellschaft haften – diese Banken seien immer noch «too big to fail».
Nationalbank: «Grundsätzlich und prinzipiell» dagegen
Die Nationalbank bestreitet nicht, dass sie die Kompetenz hätte, fossile Energieträger bei ihren Aktienkäufen nicht mehr zu berücksichtigen: «Es liegt grundsätzlich in der Kompetenz der SNB, innerhalb des Rahmens ihres geldpolitischen Auftrags Anpassungen bei ihrer Anlagepolitik vorzunehmen», erklärte SNB-Kommunikationsleiter Peter Kuster auf eine Anfrage von Infosperber. So verzichte die SNB beispielsweise auf Aktien von Unternehmen, die «systematisch gravierende Umweltschäden verursachen». Die SNB wolle aber grundsätzlich «möglichst neutral agieren» und bilde deshalb beim Portfolio den Aktienindex ab. Doch wie könne die Nationalbank die Risiken diversifizieren, fragt Professor Marc Chesney, «wenn sie die wesentlichen Risiken nicht identifiziert und berücksichtigt?»
Zu Investitionen in fossile Energieträger meinte Kuster:
«Anliegen unterschiedlicher Interessengruppen dürfen die Anlagepolitik der SNB nicht beeinflussen. Der Ausschluss ganzer heute für die Wirtschaft wichtiger Branchen, deren Produkte auch von der Bevölkerung breit verwendet werden, liefe diesem Grundsatz und Prinzip einer möglichst breiten Marktabdeckung zuwider.»
«Grundsätzlich» und «prinzipiell» will also die Schweizer Nationalbank keinen Beitrag dazu leisten, das Jahrhundertziel einer für die Menschheit maximal erträglichen Klimaerwärmung zu erreichen. Die SNB betrachtet die Klimarisiken offensichtlich nicht als drohende gravierende Umweltrisiken.
Es gehe bei den Folgen der Klimaerwärmung nicht um partikulare Interessen, betont Marc Chesney. Die Schweiz habe das Pariser Klimaabkommen unterschrieben und müsse entsprechend handeln.
Andere Nationalbanken, darunter die deutsche, französische, englische, spanische und chinesische sowie die Europäische Zentralbank haben das Problem wenigstens erkannt und sich im «Central Banks and Supervisors Network for Greening the Financial System» NGFS zusammengeschlossen. Das Netzwerk will unverbindliche Richtlinien für eine Finanz- und Anlagepolitik etablieren, welche die Risiken der Klimaerwärmung berücksichtigt. Unterdessen sind 22 Nationalbanken dabei – nicht aber die Schweizer Nationalbank. Weshalb die SNB dem Netzwerk nicht als Mitglied beigetreten ist, begründete die Nationalbank gegenüber Infosperber nicht, sondern meinte lediglich: «Die SNB steht mit den am Network for Greening the Financial System (NGFS) beteiligten Zentralbanken in stetem Austausch und verfolgt die Tätigkeit dieses Gremiums eng. Sie hat bisher aber davon abgesehen, sich als Mitglied am NGFS zu beteiligen.»
Das Parlament soll handeln
Die Klima-Allianz Schweiz, welche über 70 Organisationen vereinigt, kritisiert die SNB scharf: «Die Schweizerische Nationalbank befördert eine katastrophale Temperaturerwärmung von 4-6 Grad. Ihre Aktienanlagen sind für mehr als den jährlichen CO2-Ausstoss der gesamten Schweiz verantwortlich.»
Deshalb fordert die Allianz mit einer Petition das Parlament auf, der SNB gesetzlich vorzuschreiben, aus Investitionen in Kohle, Erdöl und Erdgas auszusteigen. Bald könne der Nationalrat über die Initiative der grünen Nationalrätin Adèle Thorens entscheiden. Sie will das Nationalbankgesetz so ändern, dass der Auftrag an die SNB explizit auch die Nachhaltigkeit und die Klimaverträglichkeit einschliesst.
Milliarden auch der Pensionskassen
Auch die Pensionskassen pumpen Milliarden in die Kohle-, Erdöl- und Erdgasindustrie. Das sei ein Risiko für das Klima und für die Sicherheit unserer Renten, sagt die Allianz. Die Anlagepolitik einiger grossen Pensionskassen hat die Allianz analysiert. Die Versicherten können eine weitere Petition unterschreiben.
Urs P. Gasche / 13. Januar 2019